„Poesie passiert im Hier und Jetzt“, sagt der gebürtige Bologneser. Heute sitzt Luca am Rand der Piazza Maggiore unter den Arkaden im Sonnenlicht und wartet auf Menschen, die vielleicht etwas Aufmunterung gebrauchen können. „Möchten Sie ein Gedicht, das ich für Sie schreibe?“ Diese direkte, überraschende und ungewöhnliche Frage kann den Alltag kurzzeitig aus der Bahn werfen. Und den Kopf befreien. Martha freut sich über die ungeplante Begegnung mit Luca, die beiden kennen sich von der Piazza Maggiore, ihr hat Luca schon ein paar Mal ein Gedicht geschrieben. Baci, Baci, ein kurzes Gesrpräch, die beiden lachen gemeinsam. Weil sie heute nur wenig Zeit hat, verabreden sie sich für den nächsten Tag. Martha verschwindet eilig zwischen den Menschen, die sich durch die enge Gasse schieben.
Die freie Fläche des Platzes lockt die Touristen aus dem Schatten ins Licht. Luca Gamberini sitzt lässig auf den Stufen unter den Arkaden und redet gerade mit zwei jungen Amerikanern, die in Bologna studieren. Er spricht gerne mit den Leuten, erfährt ihre Geschichten und hilft mit ein paar wohlbedachten Zeilen, dem ein oder anderen Passanten über einen schlechten Tag hinweg. Seine Gedichte schreibt er so fix, wie die Italiener ihren Espresso trinken, daher auch der Name: Espresso Poesie. Gamberini findet seine Buchstaben, Silben und Worte im Rhythmus der Stadt und tippt sie direkt in die Tastatur seiner Olivetti. Jeden Tag schreibt der junge Bankier mindestens ein Gedicht, das er dann weitergibt. Seine Worte verwandeln sich in eine Geste der Gemeinschaft. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die Poesie Schönheit hervorbringt, die jeder genießen können sollte. Und ich glaube, dass es eine gute Sache ist, wenn man jemandem ein Lächeln schenkt.“